Fluchtversuche
Es war die Zeit, da ich mich auf dem Dachboden verkroch,
wenn’s auf dem Korridor nach Eintopf und nach Prügel roch,
oben – vor dem Spiegelschrank – hab ich Lumpen anprobiert,
hab in einem schwarzen Frack Orchester dirigiert.
In meiner Zaubertruhe hielt ich Schätze verborgen,
ein Eisernes Kreuz und einen Gummischutz - für morgen,
hier hab ich zwischen Fotos ein Tagebuch gefunden:
von Karl Richard Leffler, dem Familienvagabunden.
Onkel Richards Tagebuch
war mein erster Fluchtversuch.
Und seine Briefe, diese pittoresken Arabesken
an seine heimliche Geliebte,
die seine Schwester war,
die ihm im letzten zwanz‘ger Jahr
einen Sohn gebar.
Dann floh Onkel Richard im August Neunundzwanzig,
vor dem schäumenden Vater und kam bis nach Danzig,
dort heuerte er auf der Viktoria an,
die im Sturm vor Moorea zu sinken begann.
Doch das Meer spülte Richard in den sauberen Sand
einer Insel, wo ihn ein Zwergenvolk fand
und er wurde dort König, hatte sicher drei Frauen
doch das wollte er ihr wohl nicht anvertrauen.
Im März Dreiundvierzig entführ‘n Zionisten
meinen Onkel, den König, den deutschen Kolonisten.
Sie heben den Richard in den Rang des Serganten,
verleih‘n ihm die Würde eines hohen Gesandten.
Und er watet mit Stiefeln durch das Meer der Gebeine,
befreit noch den Vater aus „Jedem das Seine“,
und wendet verzweifelt Himmel und Stein,
doch Schwester und Sohn wird er nie befrei‘n.
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